Kubanische Musik, ausgelassene Stimmung, der Duft von Babypuder und eine weiße Staubwolke liegen in der Luft über Santa Cruz de la Palma. Karneval in Rio de Janeiro ist bunt, heiß und sexy, Karneval in Köln ist „Helau“ und „alaaf“ und Karneval in La Palma ist ein zweiwöchiger Ausnahmezustand! Hier fliegt bei Los Indianos tonnenweise Babypuder durch die Luft und bei Entierro de la Sardina (Beerdigung der Sardine) wird eine riesen große Pappmascheesardine in Flammen gesteckt. Kurz: Die Isla Bonita steht Kopf, es wird getanzt, gesungen und ausgelassen gefeiert.

Im Februar 2018 flog ich auf die Isla Bonita, die schöne Insel, La Palma. Dort fand genau zu dieser Zeit der Karneval statt. Eine Zeit in der die komplette Insel Kopf steht, Ausnahmezustand herrscht und meine Kamera und ich vor einer großen Herausforderung standen. In diesem Blogeintrag werde ich Euch das Highlight des Karnevals, Los Indianos, vorstellen und was dieses Spektakel für mein Nikon-Equipment und mich bedeutete. Anschließend erfahrt ihr was die Beerdigung einer Sardine mit Karneval auf La Palma zu tun hat.

Los Indianos – zurück in die Kolonialzeit mit Babypuder

Der Karneval-Wahnsinn beginnt auf La Palma Anfang Februar. Es gibt Perückenwettbewerbe, den Umzug des Botschafters, Kinderkarneval und jede Menge Musik, Parties und ausgelassene Stimmung. Aber erst, wenn der Duft von Babypuder in der Luft liegt und weiß eingestaubte Personen durch die Straßen laufen, weiß man, dass man sich dem absoluten Highlight jedes Jahres auf der Insel nähert: Los Indianos, welches am Rosenmontag in der Inselhauptstadt stattfindet und das Großevent überhaupt auf La Palma ist. An diesem Tag verwandelt sich Santa Cruz de la Palma in Klein-Havanna. Selbst der große Plaza de España wird für dieses Fest zur Plaza de La Habana umgenannt, denn es ist Día de Los Indianos – Tag der Indianer.

Die Szenerie könnte nicht beeindruckender sein: Männer, gekleidet in weißen Hemden oder cremefarbenen Leinenanzüge, auf dem Kopf ein weißer Panamahut, im Mund eine Zigarre, (fake) Dollarnoten oder ein Seidentuch in der Westentasche, flanieren mit Frauen, welche weiße oder cremefarbene, reich mit Spitzenapplikationen verfeinerte Kleider tragen und sich mit einem Sonnenschirmchen aus Spitze vor der Sonne schützen durch die historische Altstadt, welche bereits 1975 zum kulturhistorischen Kulturgut erklärt wurde. Sie stellen die Indianos dar. So werden auf La Palma die Auswanderer bezeichnet, die zwischen dem 16. und dem frühen 20. Jahrhundert in mehreren Auswanderungswellen nach Lateinamerika, insbesondere Kuba, aufmachten, um dort ihr Glück zu finden. Nach einigen Jahren kehrten viele mit erlangtem Reichtum zurück und wurden von den Zurückgebliebenen feierlich empfangen. Sie brachten aus der neuen Welt südamerikanische Rhythmen, Waren (z.B. Zigarren) und Bräuche mit, die sich in die Folklore der Insel eingebettet haben. Die Tradition sich am Rosenmontag ganz in Weiß zu kleiden entstand in den 1920er Jahren als eine kleine Gruppe von Karnevalisten beschloss, einen Umzug durch die Innenstadt von Santa Cruz de la Palma zu veranstalten. Sie kleideten sich in Weiß, um die nach La Palma zurückkehrenden Emigranten zu verspotten. Die Idee wurde so gut angenommen, dass dieser Umzug in den 1960er Jahren von der Stadtverwaltung in das offizielle Karnevalsprogramm aufgenommen wurde. In den 1980er Jahren verbanden sich die Traditionen der Verspottung der Rückkehrer und des Werfens von Puder (polvo). Allerdings ist der Brauch des Puders bzw. Talkums werfen wesentlich älter als das Tragen von Weiß am Rosenmontag. Historische Belege beweisen, dass bereits seit dem 17. Jahrhundert in der Stadt fleißig mit polvo um sich geworfen wird. Es wird zum einen vermutet, dass das Einpudern darauf zurückgeht, um der Haut ein bleiches Aussehen zu verschaffen. Andere Quellen wiederum gehen davon aus, dass die Waren der Schiffe, die im Hafen einliefen, mit Puder bestreut wurden, um der Ausbreitung eingeschleppter Krankheiten vorzubeugen.

Neben den weiß begleiteten Herrschaften findet man ab und zu auch „afroamerikanische Diener“, die von den Auswanderern mitgebracht wurden. Die Galionsfigur La Negra Tomasa ist ein charmanter Charakter, welcher von Víctor Díaz Molina Anfang der 1990er Jahre das erste Mal verkörpert wurde.

Für den Rosenmontag 2018 sagten die Wetterfrösche eine Regenwahrscheinlichkeit von 90% voraus. Glücklicherweise regnete es nur sehr kurz, ganz leicht, womit mir und den über 80.000 Besuchern des Festes (nur zum Vergleich: die Inselhauptstadt hat ca. 18.000 Einwohner, die gesamte Insel etwa 85.000) eine Schlammschlacht erspart blieb.

Stellt Euch nur einmal diese Szenerie vor: die Gassen der historischen Altstadt voll mit zu kubanischer Musik tanzenden und feiernden Menschen in weißer, Kolonialstil ähnlicher Kleidung, welche mit Babypuder um sich werfen. Das musste ich einfach mit meiner Nikon D5 festhalten!

Babypuder versus Kamera

Wir Fotografen, sei es ambitionierter Hobby- oder Profifotograf, achten äußerst penibel darauf, dass unserer geliebten Kamera und den Optiken nichts passiert und auch nichts zu nahe kommt. Vor allem Staub, Sand und Puder sind erklärte Feinde unseres Equipments. Also wie sich in eine Menschenmasse stürzen, die mit Babypuder nicht gerade sparsam um sich wirft? Und wie das gute Stück am besten schützen?

Ich habe an diesem Tag wirklich alles mögliche gesehen: Kameras mit Puder, Kameras in Müllbeuteln, Kameras in Unterwassergehäusen und Kameras, die zuhause geblieben sind und gegen Handys getauscht wurden. Ich hatte mein Unterwassergehäuse nicht dabei, wollte mir aber das Spektakel nicht entgehen lassen, also was tun? Ich entschied mich für eine simple, günstige, aber wohl effektivste Variante. Im Supermarkt kaufte ich mir für 60 Cent 30m Frischhaltefolie und entschied mich dafür meinen F-Stop Fotorucksack mit meinen Optiken weit entfernt des Festivals zu lassen und nahm nur meine Nikon D5 sowie mein AF-S NIKKOR 105 mm 1:1,4 E ED mit. Ich entschied mich für das 105 mm, weil ich damit genügend Distanz zum Puder halten konnte, die Tiefenunschärfe mit dieser Optik einfach klasse ist, sie ein schönes Bokeh und natürlich eine ausgezeichnete Qualität hat. Beides wickelte ich gut in 6 Meter Frischhaltefolie ein, damit alles frisch und geschützt bleiben sollte. Das Problem: Das Bedienen der Knöpfe, Rädchen war mehr als schwierig sowie der Kontrollblick auf das Display waren so gut wie unmöglich. Bei dieser Variante muss man wirklich seine Kamera in- und auswendig kennen und wissen welche ISO- und Blendenwerte in der jeweiligen Situation gebraucht werden.

Später am Abend wechselte ich das Objektiv zu einem AF-S NIKKOR 35 mm 1:1,4 G. Das Wechseln der Optiken fand allerdings weit weg von dem Fest statt. Ganz Santa Cruz de la Palma war bedeckt mit einer feinen Puderschicht und somit musste der Abstand groß genug sein, damit der Sensor der Nikon D5 geschützt blieb. Vorher musste sie aus ihren 6 Metern Frischhaltefolie befreit werden. Dabei achtete ich sehr darauf, dass meine Hände sauber blieben und nichts auf den Body kam. Ich war selbst erstaunt wie gut diese Möglichkeit funktioniert hatte. Meine Kamera blieb zu 99% sauber und der Rest ließ sich leicht wegpusten. Nach dem Objektivwechsel wurde sie wieder in 5 Meter Frischhaltefolie gewickelt und es ging zurück ins nächtliche Getümmel. Abends flog dann nicht mehr so viel Puder herum, allerdings sollte die Kamera dennoch gut eingepackt sein. Auch den letzten Teil des Abends überlebte mein Nikon-Equipment dank Frischhaltefolie super.

Noch ein Tipp für den Fotografen: Wenn man an solchen traditionellen Feierlichkeiten teilnehmen möchte, sollte man sich so gut wie möglich anpassen, um in der Masse mit schwimmen zu können. Ich hatte mich zum Beispiel komplett weiß eingekleidet. Einige Touristen, die eher zufällig in das Fest hineinliefen, wurden von oben bis unten eingepudert. Auch lohnt es sich eine Sonnenbrille und einen Schal vor dem Mund zu tragen, um sich vor dem Puder zu schützen. Manch einer bekam das Zeug aus versehen in die Augen, was eine ziemlich unangenehme Situation sein kann.

Trotz dessen kann ich Los Indianos nur wärmsten empfehlen!

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Entierro de la Sardina – Wenn Sardinen beerdigt werden

Das Ende des Karnevals läutet in Santa Cruz de La Palma die traditionelle Abschlussveranstaltung Entierro de la Sardina, die Beerdigung der Sardine ein. Bei diesem Umzug geht es um die Verbrennung, also eine Feuerbestattung, eines riesigen Fisches aus Pappmaché, welcher symbolisch für das Ende des Karnevals steht. Der Trauerzug startete um 21 Uhr am Plaza de la Alameda. Vorne weg wurde eine kleinere Sardine von Kindern getragen, gefolgt wurden sie von großen und kleinen „Henkern“, welche mit Trommeln und Trompeten für die musikalische Begleitung sorgten. Unter den Henkern befanden sich auch drei als Marienkäfer verkleidete Frauen. Unübersehbar im Trauerzug, der Hauptakteur des heutigen Festes: eine riesen große Sardine aus Pappmasche (mit einem sympathischen Lächeln auf den Papierlippen), welche später feuerbestattet werden sollte. Nach ihr kam ein leuchtendes Schiff mit vier Drag Queens, welche den Schaulustigen zu wunken und Luftküsschen verteilten. Hinter dem Schiff lief ein älterer Herr im feinen Anzug, gefolgt von einem Anhänger mit fleißigen Köchen, welche kostenlos Rotwein und Sardinen mit Brot an die Besucher verteilten. Das Schlusslicht bildete eine Musikgruppe, die dem Zug mit heißen Rhythmen noch einmal so richtig einheizte. Der kleine, aber durchaus feine, Trauerumzug zog sich langsam durch die Altstadt Santa Cruz’. Am Ende wurde die große Sardine an den Strand gefahren und unter einem schönen Feuerwerk verbrannt.

Wer jetzt denkt, das war’s schon, irrt. Jetzt konnte die Party erst richtig starten. Nun kam auch noch etwas Rio de Janeiro Feeling auf, denn wer kann den Karneval besser beenden als die Meisterinnen des Verkleidens – die Drag Queens? Mit beeindruckenden Kostümen, viel Bling Bling und noch mehr Make up, boten drei Teilnehmerinnen der Drag Gala des Karnevals, welcher auf Las Palmas, Gran Canaria, stattfand, eine coole Show. Drag Quirón (erste Finalistin), Drag Noa (vierte Finalistin) und Drag Foguen zeigten jeweils zwei verschiedene Performances mit jeder Menge Körpereinsatz und mal mehr oder weniger Stoff. Anschließend spielte noch eine Band, aber erstmal heißt es Adios Carneval.